Nach unserem aufregenden Aufenthalt in Wanaka, wollten wir es erstmal ruhig angehen lassen – wir sind ja schließlich nicht mehr die Jüngsten…
Kurz: nach ein paar kalten Tagen im Auto mussten die Batterien (-meine zumindest-) aufgeladen werden und ein paar Tage im Hostel konnten zum ruhen, planen und Blog schreiben genutzt werden.
Routeburn Track – Ein halber Great Walk bzw. der Winter zieht ein
Nach 3 Nächten im Hostel sind wir froh als wir wieder in unserem Auto sitzen. So entspannt wie erhofft war der Aufenthalt dort nicht, aber immerhin konnten wir ein paar Sachen erledigen die sonst im Van eher schwierig sind (Wäsche waschen, Blog schreiben, im Internet surfen… Luxusprobleme).
Da sich der Herbst langsam aber sicher dem Ende zuneigt, wollten wir schnellstmöglich zu unserem ersten „Great Walk“ aufbrechen – eine von 9 außergewöhnlichen Wanderungen die von der Naturschutz Behörde Neuseelands ausgezeichnet wurden. Für den 32km langen Weg haben wir 3 Tage inkl. 2 Übernachtungen an Berghütten eingeplant, doch im Endeffekt kam natürlich wieder alles etwas anders als erwartet. Um die Geschichte von vorneherein etwas abzukürzen: Der Winter kam uns in die Quere!
Am ersten Tag lief alles noch ganz fein: trotz spätem Start kamen wir nachmittags wie geplant an unserem ersten Stop an wo wir die Nacht verbringen wollten. Da in der Nebensaison (falls man den Winter überhaupt als Saison bezeichnen kann) nicht viel los ist, ist auch für den Ranger an der Hütte die letzte Nacht gekommen. Vielleicht war er deswegen so hilfsbereit und gab uns außer Tipps zum Feuer machen auch noch am nächsten Morgen Proviant für den Weg mit.
Die Nacht war trotz Ofen kalt und am nächsten Morgen fürchteten wir schon das wir es nicht ans angepeilte Ziel schaffen würden, da sich schlechtes Wetter und starker Wind ankündigten. Unser netter Ranger warnte noch vor 80km schnellem, -15 Grad kaltem Wind bevor wir unseren Weg Richtung Bergrücken und nächstem Ziel anpeilten. Wir waren dick eingepackt und auf das Wetter vorbereitet, doch als wir auf dem Bergrücken ankamen und so gar nichts außer einer Wolkenwand und einer Menge Nebel ausmachen konnten, machten wir uns auf den Rückweg. Das Problem an diesem Weg war nicht die Angst vor der Kälte oder dem schlechten Wetter sondern eher das wir am nächsten Tag eh den Rückweg antreten mussten, da es sich nicht um einen Rundweg handelt, sondern man hin und zurück den gleichen Weg geht.
Als schon wenige Kilometer später der Regen einsetzte (der auf dem Bergrücken sicher gleich zu Eis verwandelt oder gar als Schnee runter kommen würde), waren wir froh mit unserer Entscheidung umgekehrt zu sein. Wir haben also nur die Hälfte des ersten Great Walks geschafft, aber manchmal muss man einfach auf sein Bauchgefühl und den Verstand hören auch wenn man noch so große Angst hat was zu verpassen.
Am nächsten Morgen kam dann die ultimative Bestätigung das wir alles richtig gemacht haben: So sah unser Blick aus/auf den Van aus
Kepler Track
Ok, der Schnee ist da – der Schaden ist angerichtet oder wie!?
Von wegen! So schnell lassen wir uns nicht überzeugen das wir die nächste Wanderung abschreiben können. Zwei Tage nachdem wir auf dem Routeburn Track umgekehrt sind, machen wir uns wieder auf den Weg: Diesmal haben wir ein Auge auf den Kepler Track geworden: einen 60 km langen Rundweg den man in 3-4 Tagen laufen kann. Apropos laufen: jedes Jahr gibt es ein paar Verrückte die diesen Weg tatsächlich laufen und der Rekord liegt bei 4 Stunden und 32 Minuten – für 60 km!!! Unfassbar, oder!?
Tag 1 beginnt ganz entspannt: die erste Stunde laufen wir gemütlich am See entlang. Genau das richtige Tempo um sich wieder mit dem Gewicht auf dem Rücken anzufreunden bevor es 3 Stunden nur noch bergauf geht.

Wir sind in dem Wissen losgelaufen, dass es in der letzten Nacht 12cm Neuschnee an der Luxmore Hut – unserem ersten Übernachtungsstopp – gab. Im schlimmsten Fall heißt das: wir schleppen unser Gepäck für 4 Tage, müssen aber wegen Schnee nach der ersten Nacht umkehren.
Als wir nach 3 Sunden Anstieg den Wald verlassen werden wir geblendet: von Sonne, Schnee und einer tollen Aussicht!
Ja, es liegt einiges an Schnee und wir sehen unsere Chancen auf einen GANZEN Great Walk schon schwinden…
Im Laufe des Nachmittags trudeln noch ca.15 Andere ein und wir sind alle froh als die Rangerin Helen, die sich um die Hütte kümmert, mit Feuerholz vorbei kommt. Helen ermutigt sie uns den nächsten Morgen abzuwarten. Sie sagte das sich ein paar Mutige heute bereits trotz Neuschnee auf den Weg zur nächsten Hütte gemacht hätten. Wir sind mit unserem Vorhaben den ganzen Weg trotz Winter zu gehen also nicht alleine.
Weil es so kalt ist und niemand in den ungeheizten Zimmern schlafen will bringen wir kurzerhand alle unsere Matratzen vor den Ofen: fühlt es sich ein bisschen an als würden wir eine Pyjamaparty veranstalten…
Nach einer etwas unruhigen Nacht (von den 15 Leuten haben sicher MINDESTENS 5 geschnarcht) folgen Frühstück und Aufbruchstimmung: das Wetter sieht sonnig aus. Zwar ist für den Nachmittag Schnee/Regen gemeldet, doch wir machen uns schnell auf den Weg bevor wir nochmal drüber nachdenken können.

Teilweise geht es zwar schleppend voran, weil der Schnee trotz Fussspuren der anderen vom Vortag oft knietief ist, doch im großen und ganzen kommen wir gut voran.
Das schlimmste ist gar nicht der Schnee, sondern der eisige Wind der sich besonders ins Zeug legte wenn wir über einen der Bergrücken stapfen.
Doch das Wetter meint es gut mit uns! Und schon unterwegs überlegen wir uns, dass wir ja eigentlich gleich noch die Etappe vom nächsten Tag mitlaufen könnten, denn irgendwann hat der Schnee ein Ende und es geht durch den Wald zurück in ein Tal: plötzlich ist es gar nicht mehr sooo kalt und grün statt weiß.
Nach kurzer Mittagspause gehts dann gleich weiter zur nächsten Etappe: weitere 15km. Auch wenn es nach der Mittagspause nur noch flacher weicher Boden war, merken wir langsam die Strapazen vom Vormittag: Marcos Knie und Achillesferse machen sich bemerkbar und als wir die ingesamt 30 Kilometer hinter uns haben sind wir einfach nur froh das wir angekommen sind! Zum Glück gibt es auch diesmal einen Ofen in der Hütte, den schon jemand angemacht hat: in dem Moment fühlt sich das einfach nach purem Luxus an.
An Tag 3 stehen die letzten 15km auf dem Programm: doch auch das flache Gelände macht Marcos Knie zu schaffen. Als er es fast nicht mehr beugen kann, sind wir zum Glück schon an einem alternativen Endpunkt des Weges angekommen. Ich muss ihn zwar dazu überreden, dass er entweder versucht von dort per Anhalter zu unserem Auto zu fahren oder dort wartet bis ich ihn abhole. Wiederwillig willigt er ein und ich mache mich auf den Weg zum Auto. Der letzte Tag wird uns also vielleicht nicht in bester Erinnerung bleiben, denn auch Tage später ist Marco noch nicht wieder richtig fit. ABER wir sind unglaublich froh das wir den Trek gegangen sind und mit so wunderschönem Wetter belohnt wurden.
Milford Sound
Nach dem wandern fühlten wir uns dazu genötigt auszuruhen. Da wir aber nicht ganz die Füße stillhalten wollten hatte ich die perfekte Idee Neuseelands größten Nationalpark auch so etwas besser zu erkunden: „Rentnerprogramm“! Ich hatte letztes Jahr schonmal so eine „Rentnertour“ zu Milford Sound gemacht, daher konnte ich Marco guten Gewissens mit an Board nehmen: mit dem Bus zu Milford Sound und da dann eine Schiffsrundfahrt im Anschluss.
Schon die Busfahrt alleine ist ihr Geld wert: der Fahrer macht viele Stopps und Witzchen und weiß viel über die Gegend zu erzählen. Das ist auch gut, denn auf dem Hinweg hängt der Nebel noch so tief, dass man von der Landschaft wirklich fast Nichts erkennen kann…
Hier also eine der Geschichten die uns am besten im Gedächtnis geblieben ist – wir nennen sie mal:
Die wilden 60er!
In den 60-Jahren gab es wohl eine Überbevölkerung an Wild. Die Regierung nahm sich das zum Anlass, eine Art Kopfgeld auf die Tiere auszusetzen und bot für jedes abgeschnittene Reh-Schwänzchen Geld. Irgendwann kamen die Leute dann dahinter dass das ja absolute Fleisch- und somit Geldverschwendung ist. Also wurde ein bisschen Recherche betrieben und schnell entdeckt das es in Europa eine große Nachfrage für diese Sorte Fleisch gibt. Das man jetzt natürlich noch mehr Geld mit der Jagd machen konnte, zog natürlich noch mehr Leute an die in das Geschäft einsteigen wollten um schnell zu Geld zu kommen. Doch inzwischen war der Bestand an Wild schon etwas eingeschränkter und man wollte es fangen damit man es kontrolliert züchten und dann verkaufen konnten. Aber wie stellen sie das an!? Zur Spitzenzeit gab es in der Gegend alleine 21 Helikopter die sich auf die Jagd spezialisierten und jeder einzelne schaffte es auf 1000 Stück Rehwild pro Monat! Anfangs waren die Methoden wirklich wie im wilden Westen: erst versuchten die Männer es damit sich aus dem Helikopter auf die flüchtenden Tiere zu werfen. Da bei dieser Methode aber sowohl über 20 Männer und einige Tiere tödlich endete, gab man das schnell auf. Der nächste Versuch war eine Betäubungsspritze: Die Idee war gut, doch die Dosierung nicht so einfach. Die Tiere fielen nicht auf der Stelle um, sondern liefen weiter und man hatte große Mühe sie irgendwo im Wald wieder zu finden bevor die Betäubung wieder vorüber war. Nach den Fehlversuchen kam dann irgendwann ein kluger Kopf auf die Idee ein Gewehr zu entwickeln das ein Fangnetz verschießen konnte. Damit wurde die Sache natürlich erheblich einfacher: Betäubung + Fangnetz wurden die sichere Methode um zu Geld zu kommen. Und noch heute läuft das Geschäft so und die Nachfrage aus Europa reißt nicht ab.
Andere „Fakten“ die uns erstaunt haben bezogen sich aufs Wetter bzw. ging es darum das Milford Sound in der regenreichsten Region Neuseelands liegt: In Te Anau (was bereits im Fiordland liegt; ca. 100km vor Milford Sound) fällt pro Jahr ungefähr 1m Regen. In Milford Sound oder im Fiordland Nationalpark hingegen 8m (!!) pro Jahr.
Doch je näher wir dem Fjord kamen, desto besser wurde das Wetter! Der Nebel verzog sich langsam und machte der Sonne Platz. Perfektes Wetter also für eine altmodische Schiffsrundfahrt. 😉 Es war zwar ziemlich kalt, aber die Aussicht hat das definitiv wett gemacht.
Auf dem Rückweg nach Te Anau hat der Busfahrer bereits alle Geschichten zum Besten gegeben und da man im Gegensatz zum Hinweg, endlich was von der Landschaft sieht, machen wir noch einige Fotostopps. Einen nicht so beliebten Gefährten lernen wir dort auch kennen:
Den Kea oder Bergpapagei. Im Winter trifft man den Vogel oft im Flachland an, da das Futter für ihn in höheren Gebieten langsam knapp wird. Dabei treibt er gerne ordentlich Schabernack: er versteht sich darauf unbeaufsichtigte Sachen aus Autos zu stibitzen wenn man die Tür einen Moment auf lässt und hat seine helle Freude daran Dichtungsgummis aus Autos zu entfernen oder den Lack mit seinen spitzen Krallen und seinem Schnabel zu zerkratzen. Die cleveren Kerlchen sind allerdings inzwischen vom Aussterben bedroht und man schätzt das es zur Zeit nur noch ca. 5000 Exemplare gibt.
JA – Zwischendurch haben wir uns schon gefragt ob es wirklich so clever war die Reise in Neuseeland so weit hinauszuschieben, dass wir jetzt im Herbst und Winter reisen. Aber es bringt wirklich einige Annehmlichkeiten mit sich:
- wir müssen uns nie um die heiß begehrten kostenlosen Campingplätze streiten
- es ist generell weniger los
- viele Sachen sind günstiger (zum Beispiel kostenpflichtige Campingplätze, die wir auch ab und zu besuchen müssen um dort zu duschen oder auch die Gebühr für die Great Walks)
Nachteile an der Reise zu dieser Jahreszeit:
- es wird früh dunkel
- manche Sachen kann man nicht machen (z.B ist es zu kalt zum Kajak fahren, weswegen wir unseres wieder verkauft haben)
Aber im großen und ganzen sind wir sehr zufrieden mit unserer Wahl, denn so müssen wir nicht mit den Touristenmassen (wie zb an Weihnachen/Neujahr, da dass ja hier Sommer bedeutet) kämpfen und haben sogar ab und zu den ein oder anderen Wanderweg für uns alleine!
Bis Bald,
die eingeschneiten Tramps